Der betrogene Arbeiter

Es gab mal eine Zeit, da war der Wintervorrat an Nahrungsmitteln etwa proportional mit dem Arbeitseinsatz auf dem Feld. Mehr Arbeiter war gleichgesetzt mit mehr Kartoffeln im Keller für den Winter.

Ackern im Mittelalter

Dieser einfachen Denkweise folgt die Politik bis heute. Besonders in Krisenzeiten wird als erstes der Verlust von Arbeitsplätzen beklagt.

Ist es denn aber wirklich so, dass wir in erster Linie einen Arbeitsplatz benötigen, um überleben zu können?

Ja, im heutigen Wirtschaftssystem ist das so. Keine Arbeit, kein Lohn, kein Essen. 

Der Wurm liegt jedoch in dieser Argumentationskette. Es wird stillschweigend vorausgesetzt, dass es ohne Arbeit zuwenig Kartoffeln im Keller gibt.

Das ist jedoch ein Betrug. Jede Firma versucht mehr Kartoffeln mit weniger Arbeiter herzustellen. Es werden also immer mehr Waren produziert, mit immer weniger Arbeitern. Die Menge der Waren hängt also nicht an der Menge der Arbeiter.

Den Arbeiter zwingt man aber trotzdem so zu tun, als gäbe es zuwenig Kartoffeln, wenn er nicht arbeitet. Daher gibt man ihm ohne Arbeit keine Kartoffeln, denn wenn nicht der Hunger droht, geht er ja angeblich nicht arbeiten.

Weil jedoch der Unternehmer lieber ein paar Maschinen anschafft statt teure Arbeiter zu beschäftigen, sind die Arbeitsplätze für Kartoffelarbeiter knapp . Der Kartoffelarbeiter muss seine Arbeit daher sehr billig anbieten, damit er überhaupt eine Chance für den Job hat. Die meisten Arbeitssuchenden gehen trotzdem leer aus. Nur noch 2% der Arbeiter arbeiten hierzulande in der Landwirtschaft.

Für Routinearbeit gibt es Maschinen, Roboter und künstliche Intelligenz

Nun wird dem Arbeiter aber noch eingeredet, er müsse den Lohn nun auch ausgeben, sonst würden Arbeitsplätze verloren gehen. Das stimmt sogar, doch wieso brauchen wir denn so viele Arbeitsplätze, wenn doch genug für alle da ist?

Die Erpressung zur Arbeit, ohne dass eine Versorgungslücke besteht, führt letztlich zur Wachstumsspirale, die in letzter Konsequenz unseren Planeten ruiniert.


Wir müssen die Logik drehen: Die sinnvollere Reihenfolge der Fragen lautet:

  •  
    1. Bedarfsschlüssel (was benötigen wir für ein gutes Leben, was wollen wir, was wollen wir nicht?)
    2. Lastschlüssel (Wer erzeugt die dazu nötigen Güter und Dienstleistungen?)
    3. Verteilschlüssel (Wie verteilen wir diese nun vorhanden Güter gerecht?Wer soll sie erhalten und wie steuert man dies effizient?)

Lesen Sie weiter -> drei Schlüssel.

 

Globalisierung:

Unser schicker Kapitalismus mit tödlichem Antlitz | ZEIT ONLINE

Der unten verlinkte Artikel ist zwar etwas oberflächlich und wie so oft kommt nach dem Anprangern wenig in Richtung Lösungsansatz.

Ein Punkt ist jedoch bemerkenswert: Der (sinnlose) Wachstumszwang ist “nicht die menschliche Gier, sondern ein strukturelles Verhängnis, das dem Kapitalismus gewissermaßen eingenäht ist. Er ist dazu verdammt ist, Wachstum zu generieren, wenn er nicht in den Krisenmodus verfallen will.”

Und genau hier krankt der Artikel, denn wir müssen dringend dieses strukturelle Verhängnis erkennen, benennen und auflösen.

Quelle: Globalisierung: Unser schicker Kapitalismus mit tödlichem Antlitz | ZEIT ONLINE

Kognitive Dissonanz

Die beiden Aussagen «Wir brauchen Wirtschaftswachstum» und «die Wirtschaft macht den Planeten kaputt» stellen eine typische kognitive Dissonanz dar. Kein Mensch ist fähig, mit diesen beiden Gedanken im Kopf glücklich zu leben. Denn daraus leitet sich der Zwang ab, im Interesse der Wirtschaft die Zukunft der eigenen Kinder zerstören zu müssen.

Quelle: Kognitive Dissonanz von Henrik Nordborg

Bedingungsloses Grundeinkommen

Schweissroboter

Durch die hohe Produktivität und dem Einsatz von Energie werden immer mehr Güter und Dienstleistungen automatisch bereitgestellt. Daher werden nie alle Leute beschäftigt werden können, um diese Güter herzustellen. Auf der anderen Seite sollten trotzdem alle Menschen Zugang zu diesen Gütern haben, dazu sind sie schliesslich produziert worden. Das Grundeinkommen ist eine ausgezeichnete Methode, die Verteilung dieser Güter fair zu gestalten.

Umdenken heißt umgekehrt denken, von einer anderen Seite betrachten, uns bisher logische Zusammenhänge umdrehen, die Argumentationskette von einer anderen Seite beginnen.

Heute geht die übliche Denke wie folgt: Will der Mensch was zu Essen haben, braucht er Geld. Damit er Geld hat, braucht er eine  Arbeit. Damit er Arbeit hat, müssen Arbeitsplätze geschaffen werden und dazu braucht es  Wirtschaftswachstum. Nun ja, das funktioniert in einer Gesellschaft, die zu wenig Güter hat. Durch Produktivitätssteigerung (u.a. durch den Einsatz von Maschinen und Energie) können jedoch gleich viele Menschen immer mehr produzieren.

In der industrialisierten Welt kommen wir aber an eine Sättigung unserer Bedürfnisse. Es macht keinen Sinn drei Autos und fünf Smartphones gleichzeitig zu nutzen und gleichzeitig auch noch in zwei Fernseher zu schauen. Und selbst wenn noch komplett neue Geräte erfunden würden. Der Tag hat 24h und länger können wir die Dinger nicht benutzen.

Wenn wir uns dann noch all die sinnlosen Tätigkeiten wegdenken, die durch ein effizienteres ökonomisches System überflüssig würden, könnten wir unsere Bedürfnisse mit ein bis zwei Tagen Arbeit pro Woche leicht erledigen. Um nützliche Güter in ausreichender Menge herzustellen und Dienstleistungen anzubieten, die uns wirklich was nützen, braucht es keine Steuereintreiber, Statistiker, Werbung, komplexe Lohnabrechnungen, verwaltete Sozialsysteme und vieles mehr. Das sind alles Gemeinkosten, die nichts Nützliches hervorbringen. Wenn sie überhaupt einen Zweck erfüllen, dann tragen sie auf die eine andere Art zu einer bestimmten Verteilung der Güter bei. Und wenn wir alles Überflüssige weglassen, wird es sicher nicht genug Arbeit für alle geben. Wir müssen also die erzeugten Güter anders verteilen, statt nur über den Lohn.

Dieses Verteilungssystem radikal schlanker machen kann das  Bedingungslose Grundeinkommen. Wenn es bedingungslos ist, muss auch niemand mehr überprüfen, wer die Bedingungen erfüllt.

Oder wie es Richard David Precht sagt: „Wir brauchen nicht mehr Zeug, wir brauchen jetzt mehr Zeit.“

Gekaufte Zeit

Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus.

von Wolfgang Streeck

Gekaufte Zeit Die Krise hält uns in Atem und erzeugt zugleich ein diffuses Gefühl der Ratlosigkeit. Auf schier unüberschaubare Problemlagen folgen Maßnahmen, die wie Notoperationen am offenen Herzen der westlichen Welt wirken – durchgeführt ohne Kenntnis der Krankengeschichte. So ernst die Lage ist, so wenig scheinen wir zu verstehen, was genau vor sich geht. Und wie es dazu kommen konnte. Wolfgang Streeck legt in seiner Frankfurter Adorno-Vorlesung die Wurzeln der gegenwärtigen Finanz-, Fiskal- und Wirtschaftskrise frei, indem er sie als Moment der langen neoliberalen Transformation des Nachkriegskapitalismus beschreibt, die bereits in den 1970er Jahren begann. Im Anschluss an die Krisentheorien der damaligen Zeit analysiert er, wie sich die Spannung zwischen Demokratie und Kapitalismus über vier Jahrzehnte entfaltet hat und welche Konflikte daraus zwischen Staaten, Regierungen, Wählern und Kapitalinteressen resultierten. Schließlich beleuchtet er den Umbau des europäischen Staatensystems vom Steuer- über den Schulden- zum Konsolidierungsstaat und fragt nach den Aussichten für eine Wiederherstellung sozialer und wirtschaftlicher Stabilität. »Gekaufte Zeit« ist Aufklärung par excellence, denn es zeigt, dass der gegenwärtigen Situation etwas zugrunde liegt, das uns tief beunruhigen sollte: die Transformation des Verhältnisses von Demokratie und Kapitalismus.

ISBN-13: 978-3518585924  / 11. März 2013

Bevölkerung und Lebensstandard

Stell dir vor, auf einem See verdoppeln sich jede Nacht die Anzahl der Seerosen. Zehn Nächte, bevor der See voll mit Seerosen ist, gibt es erst ein paar versprengte Blumen, die etwa ein Tausendstel des Sees bedecken. Fünf Nächte vorher sind es etwa 3 Prozent, kaum merklich mehr. Jetzt wächst der See immer schneller zu. Zwei Nächte vorher sind bereits 25 Prozent der Wasseroberfläche bedeckt. Wesentlich nun für das exponentielle Wachstum ist der Umstand, dass die zweite Hälfte des Sees erst in der letzten Nacht zuwächst. Das Entscheidende geschieht am Schluss, nicht in der langen Periode davor.

An diesem Punkt sind wir heute mit der Bevölkerungsentwicklung. Vier Millionen Jahre oder etwa 150‘000 Generation hat es gedauert, bis die Menschen die Zahl von einer Milliarde erreichten. Das war etwa 1830. Aber nur 130 Jahre später waren es bereits drei Milliarden und nochmals 35 Jahre später, im Jahr 2000, bereits sechs Milliarden.

Die gute Nachricht: Die Geburtenraten sind überall auf der Welt massiv gefallen, so dass die weitere Zunahme fast ausschliesslich darauf zurück zu führen ist, dass die nun mal geborenen alle auch noch 80 bis 90 Jahre alt werden wollen. Ist diese Phase abgeschlossen, stabilisiert sich die Bevölkerung auf rund 10 Milliarden.

In dieser Zeit müssen wir also für weitere drei Milliarden Menschen Ressourcen, Nahrung und Energie beschaffen.

Heute leben jedoch noch längst nicht alle Menschen auf einem akzeptablem Lebensstandard. Vereinfacht gesagt, leben zwei Mia. auf dem Niveau des Holzfeuers, drei Milliarden haben einfache Stromquellen etwa für Licht, etwa eine Milliarde kann sich zusätzlich eine Waschmaschine leisten und nur eine Milliarde lebt auf dem von uns gewohnten Niveau. Dazu verbrauchen wir Ressourcen, die sich gemäss den schwarzen Punkten in der Grafik aufteilen.
Bis 2050 kommen zwei weitere Milliarden dazu. Das ist zunächst aus Ressourcensicht nicht schlimm, da vor allem die ärmste Schicht der Menschen wächst. Doch alle wollen wenigstens eine Stufe aufsteigen. Wegen der nochmals starken Zunahme der Bevölkerung und dem gleichzeitig höheren Lebensstandard müsste sich der Ressourcenverbrauch fast verdoppeln.
Daher müssen die hochentwickelten Länder ihren Ressourcenbedarf deutlich effizienter gestalten und aus Neuen Erneuerbaren Energien beziehen. Das ist die einzige Chance. Selbstverständlich muss das Bevölkerungswachstum gestoppt werden. Das erste Mal seit vier Millionen Jahren. Am zuverlässigsten geschieht dies durch einen höheren Lebensstandard und Bildung der heute am schlechtesten gestellten Menschen.

Sehen Sie hier einen unterhaltsamen Videovortrag von Hans Rosling zu diesem Thema:

Ökosozial oder katastrophal

Die Politik hat die Wahl

von Walter Meier-Solfrian

oekosozial Selten wird ein scheinbar so komplexer Sachverhalt wie die Wirtschaftswissenschaften mit wenigen Worten auch dem Laien verständlich gemacht. Jedenfalls die Fakten, auf die es wirklich ankommt.

Einleitend wird auf einige Grundbegriffe der Ökonomie eingegangen. Was ist zum Beispiel das Bruttoinlandprodukt BIP und was es aussagt, bzw. dass es eben über unser Wohlbefinden sehr wenig aussagt, obwohl es von der Politik noch immer als eine wichtige Messgrösse hergenommen wird.

Ein längerer Teil ist der Geschichte der Wirtschaft und der Ideen ihrer Theoretiker gewidmet. Von Aristoteles über die chinesische Erfindung der Banknoten, Karl Mark bis Joseph Stiglitz.

Es folgen einige Kapitel über Wirtschaftsethik. Heute ist die gängige Praxis, die Gesetze einzuhalten. Man verhält sich also legal; aber nicht unbedingt legitim. Eine echte Ethik füllt eben auch die Gesetzeslücken aus. Unser Handeln muss an der Legitimität und nicht an der Legalität gemessen werden. Der Autor führt auch einige konkrete Beispiele an: Wenn ein Unternehmen wie Nokia sich vom deutschen Steuerzahler mit 88 Mio. Euro fördern lässt, dann aber nach 20 Jahren höchst profitablem Geschäft trotzdem alle 3100 Arbeiter auf die Strasse stellt, nur um in Rumänien wenige Prozent günstiger zu produzieren (und wie man kürzlich lesen konnte, auch dort wieder schliesst, um nach China zu ziehen), alles nur, um den guten Gewinn noch weiter zu maximieren, dann ist das zwar alles legal, aber ganz sicher nicht legitim oder ethisch vertretbar, leider aber gang und gäbe.

Dazwischen und vor allem gegen den Schluss des Buches erfolgen viele Hinweise, was heute schief läuft und warum und wie man das ändern könnte. Beispiel: Da das heutige Geldsystem ausschliesslich auf Schulden beruht (kein Geld ohne Schulden und umgekehrt), muss sich insbesondere der Staat verschulden. Das sogenannten Vollgeld würde es dem Staat ermöglichen, Geld in Umlauf zu bringen, ohne das gleichzeitig Schulden entstehen. Im Übrigen könnte die Nationalbank die gesamte Geldmenge wieder steuern, was heute wegen dem vielen Kreditgeld kaum mehr möglich ist.
Heute besteht die paradoxe Situation, dass der Staat Banken retten muss, indem er Schulden macht. Die Banken wiederum geben dem Staat dann das Geld, um die Banken zu retten. Selbstverständlich muss der Staat dafür den Banken dann auch noch einen Zins bezahlen. Mit dem Vollgeld könnte man diesen grotesken Fall vermeiden.

Wenn Sie als Laie etwas mehr über die Hintergründe der heutigen Wirtschaftskrise erfahren und verstehen möchten, kann ich Ihnen dieses Buch wärmstens empfehlen. Aber auch dem Fachmann eröffnet es ungewohnte Blinkwinkel und gibt ausserdem eine gute Übersicht der Fakten, um die es wirklich geht.

ISBN-13: 978-3879984572  / 1. Auflage / 7. Feb. 2011

Rätsel der Weltwirtschaft

von Nadine Binsberger   *)

Je angestrengter wir unsere wirtschaftlichen Ziele verfolgen, desto weiter entfernen wir uns von ihnen. Je mehr Wohlstand wir erreichen wollen, desto mehr zerstören wir ihn. Je liberaler wir sein wollen, desto totalitärer werden wir. Das hat damit zu tun, dass die Prämissen, von denen wir ausgehen, 180° verkehrt sind.

GÜTERMANAGEMENT

Wirtschaft bedeutet Gütermanagement – von der Rohstoffgewinnung über den Transport und die Verarbeitung bis zur Produktion, dann zur Verteilung, dem Konsum und schliesslich zur Entsorgung bzw. zum Recycling. Jede Gesellschaft braucht und hat eine Wirtschaft, denn ohne Gütermanagement kann eine Gesellschaft nicht existieren.

Nun gibt es optimalere und weniger optimale Organisationsformen dieses Gütermanagements. Aktuell herrscht der sogenannte freie Konkurrenzmarkt vor, der angeblich über seine unsichtbare Hand den Homo Oeconomicus ganz von selbst glücklich und zufrieden macht. Das ganze wird als liberal bezeichnet und ist kombiniert mit einer Wachstumsnotwendigkeit.

HERRSCHENDE LEHRE

Die herrschende Lehre geht davon aus, dass über dieses System nur die nötigen (nachgefragten) Güter produziert und ausserdem effizient und optimal alloziiert werden. Wir alle finden das total logisch, denn wenn etwas nachgefragt wird, dann machen die Leute ihr Geld locker, was dem Unternehmertum zugute kommt, welches konkret dafür sorgt, dass der Bedarf tatsächlich gedeckt wird. Ausserdem passiere das ganze effizient (weil aus wirtschaftlichen Gründen ein minimaler Aufwand angestrebt wird) und die Güter fänden ihre optimale Destination, d.h. denjenigen Nutzer oder Verbraucher, der sie am meisten benötigt bzw. nachfragt (weil der Unternehmer diejenigen Kunden beliefert, die seinem Produkt am meisten Wert zuschreiben, d.h. am meisten Geld locker machen). Das Konkurrenzprinzip sorge ausserdem dafür, dass nur die besten Produkte sich auf dem Markt durchsetzen. Die schlechten Produkte seien nicht konkurrenzfähig und fallen somit aus dem Angebot und aus dem Produktionsprozess.

Hinzu kommt, dass Vollbeschäftigung als positiv und Arbeitslosigkeit als negativ betrachtet wird.

UTOPIE

Schön wär’s, wenn’s tatsächlich so funktionieren würde. Dann hätten wir nämlich nach vielen Jahrzehnten des freien Marktes das Paradies auf Erden – zumindest auf derjenigen Erdhälfte, die nicht zuerst noch den Kommunismus erdulden musste.

REALITÄT

Die Realität sieht aber ganz anders aus (falls ich unter “Realität” etwas falsches verstehen sollte, dann bitte ich um Aufklärung…):

– Homo Oeconomicus:

Den HO gibt es nicht. Er wurde spätestens bereits vor über 10 Jahren wissenschaftlich widerlegt (http://e-collection.ethbib.ethz.ch/eserv/eth:25582/eth-25582-01.pdf). Eine Wirtschaft weiterhin auf widerlegten Grundlagen aufzubauen, ist unwissenschaftlich und unverantwortlich. Falls ich unter “wissenschaftlich” und “Verantwortung” etwas falsches verstehen sollte, dann bitte ich um Aufklärung…

– optimale Güter-Allokation:

Die GA ist heute alles andere als optimal. Beispiel: es gibt Regionen auf dieser Welt, in denen die Nachfrage nach Nahrungsmitteln ganz extrem hoch ist. Die Menschen dort schreien geradezu nach Nahrungsmitteln. Das Unternehmertum müsste in diesen Regionen angesichts dieser enormen Nachfrage sofort tätig werden – wenn nicht die lokalen Unternehmer, dann halt irgendwelche ausländischen. Aber die Unternehmer bewegen sich nicht. Warum? Weil hungernde Menschen kein Geld anbieten können. Ohne Geld wird keine Nachfrage befriedigt – auch wenn sie noch so stark und existentiell ist. Hingegen wenn ein superreicher Exzentriker sein Handy mit den seltensten Diamanten der Welt bestücken lassen will, dann gibt es sofort mehrere Unternehmer, die ihm diesen Wunsch gerne erfüllen – obwohl er bestimmt nicht sterben oder ein wesentlich minderwertigeres Leben führen würde ohne diese Diamanten. Ist das optimal? Falls ich unter “optimal” etwas Falsches verstehen sollte, dann bitte ich um Aufklärung…

– effiziente Güterallokation:

Die GA ist heute das Gegenteil von effizient. Z.B. werden Textilien in praktisch allen ihren Produktionsstadien in der ganzen Welt herumgefahren, -geflogen und -geschifft, bis sie endlich ihre endgültige Destination erreichen. Globale Lohn- und Kostenunterschiede für ein- und denselben Produktions- bzw. Arbeitsschritt führen dazu, dass permanent eine objektiv gesehen völlig ineffiziente Transportorgie stattfindet. Das gilt für immer mehr Produkte aus allen Bereichen. Diese “Effizienz” ist auch gerade jetzt in diesem Moment dabei, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Ist das “effizient”? Falls ich unter “Effizienz” etwas Falsches verstehen sollte, dann bitte ich um Aufklärung…

– Konkurrenz:

Die Konkurrenz sorgt nicht für die Durchsetzung der besten sondern – im Gegenteil – der schlechtesten Produkte. Konkurrenz führt zu immer mehr Mogelei, denn verkaufen ist wichtiger, als den tatsächlichen Bedarf zu decken. Z.B. wieviele Nahrungsmittel werden verkauft, die nur den Anschein dessen machen, was sie sein sollten? Kaum ein Fruchtsaft besteht zu 100% aus Fruchtsaft oder zumindest zu einem wesentlichen Anteil. Wieviele elektrische und elektronische Geräte halten, was sie versprechen? Usw. etc.

– Wachstum:

Ja, Wachstum war wichtig, notwendig und sinnvoll, als noch Mangel und Entbehrung herrschten. Jedes Wachstum war ein Schritt näher am Wohlstand. Halt: natürlich nicht jedes Wachstum, aber der grösste Teil davon. Wachstum z.B. im Sinne eines Aufblasens von ineffizienten Vorgängen gab zwar auch Arbeitsplätze, aber war deswegen nicht per se Wohlstandsfördernd. Wachstum ist die permanente Vergrösserung unserer Güterkreisläufe bzw. deren Volumen. Wachstum anzustreben ist das Gegenteil von Effizienz anstreben: es ist die vorsätzliche Verschwendung. Effizient wäre, ohne Wachstum mehr Wohlstand zu erreichen oder mit einem Negativwachstum (Décroissance) gleichviel Wohlstand zu erhalten. Am effizientesten wäre es, durch Negativwachstum den Wohlstand zu steigern. Meiner Ansicht nach ist dies die realistischste Variante. Falls ich unter “Wachstum” etwas Falsches verstehen sollte, dann bitte ich um Aufklärung…

– Arbeitslosigkeit und Wohlstand:

Ökonomie kommt aus dem griechischen Oikos = Haushalt. Wenn ich in meinem Haushalt zu tun habe, dann habe ich Arbeit: Wäsche waschen, Geschirr spülen, staubsaugen, aufräumen, flicken, ersetzen, warten, kochen, putzen, reinigen, wischen, fegen, schrubben, umstellen, versorgen, abstauben, ordnen, …uff jetzt kommt mir gerade nichts mehr in den Sinn. Jedenfalls ist irgendwann alle anstehende Arbeit getan. Die eine oder andere Arbeit wird natürlich immer wieder aktuell, aber wenn ich mal durch alles durch bin, dann gibt’s mal Pause. Dann kann ich mich ins Fauteuil setzen und den perfekten Zustand geniessen. Das ist nichts schlechtes sondern schlicht und einfach das Ergebnis meiner Arbeit. Keine Arbeit zu haben bedeutet, dass alles getan ist, was getan sein sollte. Arbeitslosigkeit ist also ein Zeichen dafür, dass es uns gut geht. Absurd wäre es, wenn es uns schlecht ginge und gleichzeitig Arbeitslosigkeit herrschen würde. Denn wenn es uns schlecht geht, dann gibt es immer noch zu tun, dann gibt es Arbeit! Dass es uns schlecht geht, wenn wir keine Arbeit haben, d.h. wenn alle Arbeit getan ist, ist ein strukturelles Problem, nicht ein wirtschaftliches. Unsere Strukturen sind noch nicht reif für den Wohlstand, solange getane vollendete Arbeit und damit einhergehender gesamtgesellschaftlicher Wohlstand zu einem Einkommensstopp auf der individuellen Ebene und somit zu massenhaften Existenzkrisen führt. Wohlstand und Effizienz können nicht zu Vollbeschäftigung führen, im Gegenteil. Immer weniger Arbeit ist das Ziel und der Erfolg von Effizienz- und Wohlstandsstreben. Und immer weniger Arbeit geht einher mit immer mehr Freizeit, was einen zusätzlichen Wohlstandssprung bedeutet. Wohlstand und ein Maximum an Freizeit – was wollen wir mehr? Freie Lebenszeit ist das wertvollste was wir haben, denn wir leben immerhin nur einmal. Falls ich unter “Arbeitslosigkeit” und/oder “Wohlstand” etwas Falsches verstehe, dann bitte ich um Aufklärung.

FAZIT

Wir müssen dringendst unsere Ökonomie auf grundlegend neue Prämissen stellen. Je länger wir weiterfahren wie bisher, desto mehr entfernen wir uns von unseren eigenen Zielen.

DIREKTDEMOKRATISCHER LIBERALISMUS

Es darf jedoch nicht sein, dass wir uns von liberalen Grundideen abwenden und zu einer diktatorischen, zentralistischen Planwirtschaft übergehen. Der Liberalismus muss jedoch gänzlich neu gedacht werden. Liberal sollte bedeuten, dass alle Wirtschaftsakteure (Unternehmer, Arbeiter, Konsumenten, Staat) sich auf gleicher Augenhöhe begegnen und sich gemeinsam um das Wohl aller kümmern. Liberal sollte beinhalten, dass die Menschen sich in der Ökonomie frei bewegen können. D.h. frei von staatlichen Fussfesseln, aber auch frei von vermeintlichen Sachzwängen (z.B. too big to fail oder “Es geht nicht ohne Tiefseebohrungen”) und frei vom sog. “ökonomischen” Druck. Denn der blutrünstige, ruinöse Konkurrenzkampf auf den Märkten ist nicht liberal sondern eine perfide Form von Totalitarismus: das Recht des Stärkeren ist keine liberale Maxime sondern eine totalitäre. Faustrecht hat mit Freiheit nichts zu tun, höchstens mit der Freiheit eines einzigen, nämlich des Stärkeren. Deshalb ist der wahre Liberalismus nicht im völlig freien, deregulierten Markt zu finden, sondern in der zivilisierten, direktdemokratischen Auseinandersetzung zwischen allen ökonomischen Interessen. Nur diese hilft, sowohl das Faustrecht-Chaos als auch den Totalitarismus zu vermeiden.

*) Nadine Binsberger ist ein Pseudonym. Sie hat den obigen Artikel auf einem Internetblog veröffentlicht. Ich zeige hier den unveränderten Text mit ihrer ausdrücklichen Erlaubnis.