Die Politik hat die Wahl
von Walter Meier-Solfrian
Selten wird ein scheinbar so komplexer Sachverhalt wie die Wirtschaftswissenschaften mit wenigen Worten auch dem Laien verständlich gemacht. Jedenfalls die Fakten, auf die es wirklich ankommt.
Einleitend wird auf einige Grundbegriffe der Ökonomie eingegangen. Was ist zum Beispiel das Bruttoinlandprodukt BIP und was es aussagt, bzw. dass es eben über unser Wohlbefinden sehr wenig aussagt, obwohl es von der Politik noch immer als eine wichtige Messgrösse hergenommen wird.
Ein längerer Teil ist der Geschichte der Wirtschaft und der Ideen ihrer Theoretiker gewidmet. Von Aristoteles über die chinesische Erfindung der Banknoten, Karl Mark bis Joseph Stiglitz.
Es folgen einige Kapitel über Wirtschaftsethik. Heute ist die gängige Praxis, die Gesetze einzuhalten. Man verhält sich also legal; aber nicht unbedingt legitim. Eine echte Ethik füllt eben auch die Gesetzeslücken aus. Unser Handeln muss an der Legitimität und nicht an der Legalität gemessen werden. Der Autor führt auch einige konkrete Beispiele an: Wenn ein Unternehmen wie Nokia sich vom deutschen Steuerzahler mit 88 Mio. Euro fördern lässt, dann aber nach 20 Jahren höchst profitablem Geschäft trotzdem alle 3100 Arbeiter auf die Strasse stellt, nur um in Rumänien wenige Prozent günstiger zu produzieren (und wie man kürzlich lesen konnte, auch dort wieder schliesst, um nach China zu ziehen), alles nur, um den guten Gewinn noch weiter zu maximieren, dann ist das zwar alles legal, aber ganz sicher nicht legitim oder ethisch vertretbar, leider aber gang und gäbe.
Dazwischen und vor allem gegen den Schluss des Buches erfolgen viele Hinweise, was heute schief läuft und warum und wie man das ändern könnte. Beispiel: Da das heutige Geldsystem ausschliesslich auf Schulden beruht (kein Geld ohne Schulden und umgekehrt), muss sich insbesondere der Staat verschulden. Das sogenannten Vollgeld würde es dem Staat ermöglichen, Geld in Umlauf zu bringen, ohne das gleichzeitig Schulden entstehen. Im Übrigen könnte die Nationalbank die gesamte Geldmenge wieder steuern, was heute wegen dem vielen Kreditgeld kaum mehr möglich ist.
Heute besteht die paradoxe Situation, dass der Staat Banken retten muss, indem er Schulden macht. Die Banken wiederum geben dem Staat dann das Geld, um die Banken zu retten. Selbstverständlich muss der Staat dafür den Banken dann auch noch einen Zins bezahlen. Mit dem Vollgeld könnte man diesen grotesken Fall vermeiden.
Wenn Sie als Laie etwas mehr über die Hintergründe der heutigen Wirtschaftskrise erfahren und verstehen möchten, kann ich Ihnen dieses Buch wärmstens empfehlen. Aber auch dem Fachmann eröffnet es ungewohnte Blinkwinkel und gibt ausserdem eine gute Übersicht der Fakten, um die es wirklich geht.
ISBN-13: 978-3879984572 / 1. Auflage / 7. Feb. 2011