Lockdown – aber fair!

Die Grundversorgung ist auch in Krisenzeiten sichergestellt, doch unser System verteilt es nicht an alle.

Die Kartoffeln haben gerade einen Wachstumseinbruch, da die Börse …
Ja, das ist natürlich Blödsinn. Die Kartoffeln interessieren sich nicht für die Börse und wachsen einfach weiter. Schon eher interessieren sie sich für das Wetter, längerfristig auch für das Klima.
So ist das auch für viele weitere Prozesse, die der täglichen Grundversorgung dienen. Auch Wohnräume, in denen wir leben, verschwinden nicht, genau so wenig wie unsere Kleider im Schrank.
Es ist also genug für alle da!
Aber warum haben wir dann trotzdem solchen Respekt vor Krisen und Börseneinbrüchen?

Ein Grund liegt darin, dass wir die erzeugten Güter über das Erwerbseinkommen verteilen. Diese Methode ist aber in Zeiten von Maschinen und Robotern nicht mehr zeitgemäss, wie wir in diesem Artikel darlegen.

Die Auswirkungen des Lockdown treffen Bevölkerung und Wirtschaft sehr unterschiedlich und damit sind die Lockdown-Massnahmen eigentlich sehr unfair. Durch die enge Verknüpfung langer und komplexer Lieferketten sind die Auswirkungen auch schwer überschaubar. Jede Kompensationsmassnahme, die sich möglichst exakt auf die Betroffenen berufen will, ist damit von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Faire Lösung

Es geht darum, das “genug für alle” möglichst effizient, effektiv, bezahlbar und vor allem schnell allen zugänglich zu machen, auch wenn man in einer Lockdown-Branche (Tourismus, Sport, Events, …) arbeitet, Künstler oder Freischaffender ist oder aus anderen Gründen vielleicht keinen mehr Job hat.

Folgendes Massnahmenpaket könnte diese Anforderungen erfüllen:

    1. Jeder Einwohner erhält während des Lockdown einen monatlichen Betrag ausbezahlt. Wichtig ist, dass es wirklich jeder bekommt, ob reich oder arm, ob mit oder ohne Job, ob angestellt oder selbständig. Der Betrag soll zum Leben reichen, würde aber auch Punkt 4. und 5. berücksichtigen und daher nicht sehr hoch ausfallen.
    2. Den Unternehmen wird erlaubt, die Löhne um den obigen Betrag zu reduzieren. Dies anstelle von Kurzarbeitsgeldern.
    3. Die Unternehmen müssen eine zusätzliche und einmalige Gewinnsteuer bezahlen. Dies deshalb, da einige Unternehmen von der Corona-Krise direkt oder durch die Massnahme in Punkt 2 profitieren. Damit beteiligen sich die starken Unternehmen an der Bewältigung der Krise analog ihrer Wirtschaftskraft. Ein Teil des Gewinns bleibt ihnen trotzdem.
    4. Abschöpfende Geschäfte sind auszusetzen. Dies sind insbesondere Mieten und Zinse, die um 2/3 reduziert werden sollten. Dies ist kein grosser Schaden für die betroffenen Institutionen, sondern lediglich ein Unterbruch bei der Amortisation der Investitionen und ein temporärer Verzicht auf Profite.
    5. Als Ergänzung zu Punkt 1 übernimmt der Staat einmalig einige Abgaben, die für alle Bewohner bzw. Haushalte gleich hoch sind. In der Schweiz wären dies zum Beispiel die Autobahnvignette und die Rundfunkgebühren. Ausserdem könnte er jedem Bewohner ein Halbtaxabo schenken. Der notwendige Betrag wäre nicht sonderlich hoch, jedoch wäre dies ein wichtiges Zeichen der Solidarität und des Kümmerns.

Dieser Vorschlag ist bewusst etwas plakativ gehalten, damit die Übersicht gewahrt bleibt. Wie überall ist auch dieser Ansatz nicht bis in den letzten Sonderfall fair und auch Missbrauch ist nie ausgeschlossen. Wir sollten aber das Grosse und Ganze im Auge behalten und über ein paar Ausreisser grosszügig hinwegsehen. Lieber mal pragmatisch und schnell starten, was bei der Bevölkerung positiv ankommen dürfte, weil die Hilfe rasch und spürbar bei jedem persönlich ankommt.

Quellen und Hinweise:

 

 

Drei Schlüssel

Bezahlte Arbeit ist nicht mehr der zeitgemässe Schlüssel, um Güter gerecht zu verteilen.

Im klassischen Wirtschaftsdenken und als Folge auch in unserem aktuellen Wirtschaftssystem kommt zuerst der bezahlte Arbeitsplatz. Erst dieser ermöglicht uns, an Geld zu kommen, mit dem wir schliesslich unsere Bedürfnisse befriedigen können. Mit dieser Logik erzählt man uns, der Arbeitsplatz sei unser Bedürfnis. Dabei kommt die Bedürfnisbefriedigung erst am Ende dieser Logik:

Erwerbsarbeit   ->  Lohn/Geld   ->   Bedürfnisse

Dies führt dazu, dass wir sehr leicht erpresst werden können, unsere Arbeitskraft sehr billig anzubieten, zumindest in den Sektoren, wo es einen Überschuss an Arbeitskräften gibt. Siehe auch: Der betrogene Arbeiter.

Um dieser Logik zu entrinnen, müssen wir Wirtschaft moderner denken. Ein Ansatz sind die drei Schlüssel. Losgelöst vom aktuellen Wirtschaftssystem beginnen wir direkt mit den eigentlichen Bedürfnissen.

Die drei Schlüssel

      1. Bedarfs-Schlüssel (was benötigen wir, was wollen wir, was wollen wir nicht?)
      2. Last-Schlüssel (wer hat die Aufgabe, den Bedarf zu decken? Wer übernimmt diese “Last”?)
      3. Verteil-Schlüssel (wer soll das Erzeugte erhalten und wie steuert man dies effizient und gerecht?)

Bedarfs-Schlüssel

Die Bedarfsfrage gehört an den Anfang. Was brauchen wir zum Überleben und was wünschen wir zusätzlich, um es bequem zu haben? Wie viel Luxus ist wirklich nötig und wünschenswert? Diese Fragen müssen wir uns als Gesellschaft stellen und demokratisch entscheiden. Die Wünsche zu erfüllen ist im Übrigen nicht eine Frage der Finanzierbarkeit, sondern von der Frage, wie viel Ressourcen und Arbeitszeit wir als Gesellschaft investieren wollen.

Wir können drei Kategorien feststellen:

Grundbedürfnisse: Essen, Wohnen, Kleidung gehören wohl dazu. Je nach Klimaregion gibt es Unterschiede. Beispielsweise muss ein Haus im Norden besser gebaut sein und eine Heizung haben. In den Tropen ist eher ein gutes Dach und Schutz vor Überschwemmung wichtiger. Eine Grundausbildung ist ebenfalls ein Grundbedürfnis.

Komfortausstattung: Dazu gehören zum Beispiel einige Haushaltsgeräte, allen voran die Waschmaschine, aber auch Zugang zu Mobilität. Ebenso wichtig ist die Gesundheits- und Altersvorsorge, Kultur, Bildung, Forschung. Doch wie weit wollen wir damit gehen?

Luxus, Überfluss und Verschwendung: Dazu gehört nicht nur der Privatjet oder die Luxusjacht, was sich sowieso nur sehr wenige leisten können, sondern auch das eigentlich viel zu grosse Auto, die zu vielen Geräte im Haus, die nur selten benutzt werden oder die jährlichen Flugreisen, bis hin zum ständig neuesten Smartphone oder der grossen Wohnung, obwohl man wenig zu Hause ist.

Neben industriellen Produkten, Dienstleistungen und Infrastruktur dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch einen Bedarf an Gesundheit, Betreuung, Erziehung, Familie, Kultur und viele weiteren Dingen haben, die ein gutes Leben ausmachen. Auch diese kann man in die oben genannten Klassen einteilen. So ist eine Fussballmeisterschaft wohl eher dem Luxus zuzurechnen, während eine gute Kindererziehung in jeder Gesellschaft zur Grundversorgung zählen sollte.

Der globale Lockdown während der Corona-Krise im Jahr 2020 hat wunderbar gezeigt, dass sehr viele Dinge nicht zwingend notwendig sind, also sicher nicht zu den Grundbedürfnissen gehören. Andere Dinge waren auch nicht lebensnotwendig, aber unangenehm, wenn man beispielsweise unterwegs nicht in ein Restaurant einkehren kann (Komfort). Auf die Fernreise ließ sich verhältnismäßig leicht verzichten (Luxus).

Der Bedarfsschlüssel ist kein beliebig grosser Wunschzettel, denn wir müssen uns bewusst sein, dass jeder zusätzliche “Wunsch” mehr Arbeitszeit, aber vor allem mehr Verbrauch an Ressourcen bedeutet. (Davon mehr in einem späteren Artikel.)


Der Last-Schlüssel

Wer stellt nun all diese Produkte, Dienstleistungen und die Infrastruktur her? Das beantwortet der Lastschlüssel.

Im ersten Moment denken wir, ja wohl der Arbeiter. Das stimmt aber nicht, wie das Beispiel Landwirtschaft zeigt. In der modernen Landwirtschaft reichen zwei Prozent der Arbeitenden, um 100% der Bevölkerung zu ernähren.

Selbst die genialsten modernen Erfindungen wären nicht möglich, ohne Generationen von Vorarbeiten unser Vorfahren. Die Errungenschaften, Forschungen und Entdeckungen unserer Vorgenerationen sind eine wesentliche Voraussetzung für den erreichten Wohlstand.

Jeder kann unbeschränkt auf Gemeingüter zugreifen. Seien das gebührenfreie Strassen, den Spaziergang durch Wald, Wiesen und Berge, die freie Benutzung von Wikipedia und der Zugang zum Wissen unserer Vorgenerationen in Bibliotheken. Auch saubere Luft und Ruhe ist ein Gemeingut.

Etwa 50% der Arbeitszeit macht die unbezahlte Arbeit aus, wir können diese auch Gemeinwohlarbeit nennen. Allen voran die Care-Arbeit, wozu Kindererziehung, Hausarbeit, Verwandtenpflege bis hin zur Vereinsarbeit zählt. Jedoch auch viel Kunst und Kultur funktioniert nur wegen viel Fronarbeit von Freiwilligen; weil es ihnen einfach wichtig ist.

Der wesentlichste Faktor sind jedoch die Ressourcen. Ohne Energie und Rohstoffe geht heute gar nichts mehr. Ohne externe Energie könnten wir nicht einen Lastwagen mit einer einfachen Fussbewegung am Gaspedal in Bewegung setzen und die meisten Fabriken würden sofort stillstehen. Ja selbst unsere Mobilität wäre maximal mit dem Fahrrad möglich.

Ach ja, und fast geht es unter, natürlich benötigt es auch die Lohnarbeit, die bezahlte Arbeit. Diese besteht aber mehr und mehr darin, die oben genannten Dinge zu organisieren und zu steuern. Die Fleißarbeit und Schwerarbeit übernehmen die Maschinen. Und darin werden wir immer besser. Mit immer weniger Arbeit steuern wir mehr Energie, um Ressourcen in Produkte umzuwandeln.


Der Verteil-Schlüssel

Der Verteil- oder Teilhabeschlüssel definiert, wer nun all diese erzeugten Güter und Dienstleistungen bekommen soll bzw. benutzen darf.

Wenn wir den Lastschlüssel genauer betrachten, wird schnell klar, dass eine Verteilung auf Grund des Erwerbslohnes nicht mehr zeitgemäß ist, weil die Menge der Güter hauptsächlich durch Energie und Maschinen bestimmt wird und nicht durch Lohnarbeit. Und zu einem guten Teil basiert es auf vielem, was eigentlich allen Menschen gehört oder von ihnen kostenlos geleistet wurde.

So gehören Ressourcen aller Art doch allen Menschen. Selbst wenn man der Auffassung ist, das Eröl gehöre dem, in dessen Boden es zu finden ist, ist spätestens das Verbrennen des Erdöles ein Thema, dass über CO2 und Klimaerwärmung uns alle etwas angeht. Dafür wird allerdings bis heute (fast) nichts bezahlt. Die Kosten von Ressourcen bestehen im Wesentlichen nur aus dem Aufwand, diese aus der Erde zu holen plus den Profiten der entsprechenden Konzerne.

Daher wäre es sinnvoller, statt die Lohnarbeit zu besteuern und dadurch teurer und unattraktiver zu machen, wenn die Haupt-Faktoren zur Herstellung von Gütern besteuert werden. Wer also die Luft mit CO2 anreichern will, soll dafür bezahlen müssen, wer nichterneuerbare Rohstoffe verwendet, die zukünftigen Generationen fehlen, soll dafür bezahlen müssen.
Hier sei noch auf einen wesentlichen Unterschied zur CO2-Besteuerung hingewiesen: Wir plädieren für die Besteuerung an der Quelle, also zum Beispiel bei dem, der Eröl fördert und den Verbrauch erst ermöglicht und nicht beim Endverbraucher. Ersteres sind nur 300 Institutionen, im zweiten Fall sind es Milliarden von Verbrauchern. Siehe auch GCC – Global Climate Compensation.

Verteilt wird das so eingenommene Geld gleichmäßig an alle Bürger, so dass sich diese  die Grundversorgung und einen Teil des Komforts leisten können – bedingungslos. Wir unterstellen, dass jeder Bürger einen sinnvollen Beitrag für die Gesellschaft leistet. Als Gegenleistung erhält er ein bedingungsloses Grundeinkommen, finanziert durch Abgaben auf Basis des Lastschlüssels.

Es ist jedoch jedem freigestellt, zusätzlich einem bezahlten Job nachzugehen, damit er sich mehr Komfort oder sogar etwas Luxus leisten kann. Da gerade im Überflussbereich viel Ressourcen verbraucht werden, wird er jedoch indirekt überproportional viele Abgaben zahlen müssen. Eine Einkommenssteuer kann entfallen, wenn man die Ressourcensteuern hoch genug ansetzt.

Die Grundversorgung, insbesondere Güter des täglichen Bedarfs, werden mit einem sehr hohen Anteil an Maschinen und verhältnismäßig wenig Arbeitskräften erzeugt (2% arbeiten in der Landwirtschaft). Es ist daher sinnvoll und gerecht, diese Güter bedingungslos gleichmäßig an die Menschen zu verteilen.