Kostenoptimierung zwecks Verschwendung?

Warum müssen PV-Anlagen rentieren, Autos jedoch nicht?

Bildquelle: IBC SOLAR Carports

In den Nullerjahren war ich mal zu einem Businesslunch in kleinem Kreise eingeladen. Die meisten Herren, Damen waren keine anwesend, waren um Grössenordnungen reicher als ich. Irgendwann kamen wir auf Solarenergie zu sprechen. Einige meinten, das würde leider nicht rentieren. Ich schaute kurz in die Runde und meinte, als ich vorher über den Parkplatz gelaufen sei, hätte ich auch nicht den Eindruck gehabt, dass sich diese Fahrzeuge rentieren würde. Eigentlich ginge es doch nur darum, von A nach B zu kommen und da täte es doch auch ein 2CV. Die darauf folgenden Lacher zeigten, dass sich die Besitzer der luxuriösen Limousinen ertappt fühlten.

Die meisten Leute machen sich über die Wirtschaftlichkeit ihres Autos kaum Gedanken. Wenn das Auto über 90% der Zeit auf einem Parkplatz steht, sagt niemand “wir haben Benutzungspotential verschwendet”.
Warum argumentiert man bei Energieanlagen in dieser Beziehung auf den Euro genau? Da heisst es, man hätte Solar- und Windstrom vernichten müssen (in Wirklichkeit hat man bestenfalls nicht geerntet, was man hätte ernten können). Und noch immer werden PV-Anlagen aus diesen Überlegungen nur auf einem Drittel des Daches gebaut, “weil es sonst nicht rentiert”.
Bisher waren Solarzellen derart teuer, dass diese Überlegungen durchaus berechtigt waren. Heute sind wir jedoch in einem Kostenbereich angekommen, wo eine deutliche Überdimensionierung, welche die Winterabdeckung priorisiert statt der Kostenoptimierung, die Norm werden sollte.

Damit würde sich das Speicherproblem zu einem grossen Teil auf Kurzzeitspeicher reduzieren. Eine etwa dreifach dimensionierte Anlage würde auch im Januar genug Energie für Heizung und Elektroautos erzeugen. Übrigens beides Verbraucher, die nicht zu einer bestimmten Zeit laufen bzw. geladen werden müssen, sondern vorwiegend dann, wenn PV-Strom zu Verfügung steht (angebotsgesteuert). Den Rest übernehmen die Kurzzeitspeicher, Batterien im Tagesbereich, Stauseen im Wochenbereich. Im Übrigen würde es nicht viel kosten, würde man im Sommer die Rückspeiseleistung bei solchen Anlagen deckeln (auf eine bestimmte Leistung begrenzen, die unterhalb der möglichen Spitzenleistung zur Mittagszeit ist, um Überschüsse im Netz zu vermeiden). Schliesslich gibt es auch im Sommer viele trübe Tage, wo sich die Überdimensionierung in einem höheren Autonomiegrad auszahlt.

Reale tägliche Angebotsschwankungen erneuerbarer Energien. Die rote Linie symbolisiert den Verbrauch. In der Realität schwankt dieser auch und kann in gewissen Grenzen sogar dem Angebot nachgeregelt werden (Angebotssteuerung). Im dargestellten Fall wird nur selten genügend erneuerbare Energie erzeugt, nur an windigen Tagen mit gleichzeitig genug Sonne.
Die gleichen Daten, wenn das doppelte an EE installiert wäre; täglich reichen die EE den Stromkonsum für ein paar Stunden zu decken. Die Lücken sind kleiner und die Überschüsse (oberhalb der roten Linie) reichen, um via Kurzzeitspeicher die Lücken (weisse Flächen unterhalb der roten Line) zu füllen.

Wie dieser Sachverhalt interpretiert und umgesetzt wird, hat einen grossen Einfluss darauf, in welchem Umfang und bei welchen Anwendungen P2X (Power-to-X) als Saisonspeicher notwendig wird. Vielleicht entscheidet sich das auch wirtschaftlich, denn es dürfte billiger sein, für den Hauptanteil der Angebotslücken die PV- und Wind-Anlagen zu überdimensionieren und nur für den letzten Rest sowie für schwierige Themen (zum Beispiel Treibstoff für Flugzeuge) P2X einzusetzen. Eine deutlich höhere Einspeisevergütung in den vier dunkelsten Wintermonaten könnte hier die richtigen Signale setzen.

Vielleicht habe ich auch etwas übersehen: Konsum ist ja gleichzusetzen mit der Vernichtung von materiellen Werten. Konsum scheint uns Befriedigung zu verschaffen. Daher sind die Kosten sekundär, jedenfalls solange wir es uns leisten können. Die überteuerten Autos auf dem eingangs erwähnten Parkplatz gehören zu diesem Konsum. Das wird daran liegen, weil Konsum auch immaterielle Werte schafft: Prestige, Genuss, Freude, Gesundheit oder einfach: Wohlstand.
Die Produktion, also das Schaffen von Werten, soll hingegen so günstig wie möglich sein. PV-Anlagen gehören in diese Kategorie. Und so wird jeder Euro zweimal umgedreht.
Ein positives Konsumerlebnis kann auch sein, mit selbst erzeugtem Strom das Haus zu heizen, das Duschwasser zu erwärmen und das Elektroauto zu laden. Dann darf eine PV-Anlage vielleicht doch ein bisschen mehr kosten!

Eine deutliche Überdimensionierung von entsprechenden Anlagen ist sowieso notwendig, wenn wir aus Überschüssen den viel propagierten erneuerbaren Wasserstoff erzeugen wollen. Solange nämlich noch Kohle- und Atomkraft im europäischen Stromnetz hängen, sind wir noch sehr weit vom grünen Wasserstoff entfernt und er bleibt eine teure Illusion.

 

 

 

Vom ersten zum zweiten Solarzeitalter

“Wirklich retten lässt sich das Klima nur, wenn alle Länder der Erde ihre Treibhausgasemissionen schnellstmöglich auf nahezu null zurückfahren. Viele können sich aber ein Leben jenseits von Erdöl, Erdgas oder Kohle überhaupt nicht vorstellen.

Dabei ist es nicht einmal 300 Jahre her als regenerative Energien die Energieversorgung der Erde vollständig deckten. In gut 200 Jahren wird die weltweite Energieversorgung ziemlich sicher auch wieder vollständig kohlendioxidfrei sein. Denn bis dahin sind spätestens auch die letzten Vorkommen an fossilen Energieträgern erschöpft. Als Folge der dann rund 500-jährigen Geschichte der Nutzung fossiler Energieträger würde bis dahin das Klima völlig kollabieren. Wollen wir das Klima weitgehend retten, muss uns eine kohlendioxidfreie Energieversorgung bereits deutlich früher gelingen. Rund 30 Jahre haben wir dafür noch Zeit.”(Volker Quaschning)

Quelle: Volker Quaschning – Erneuerbare Energien und Klimaschutz

Diese Betrachtung mag manchen zu optimistisch erscheinen, die Verschwendung ist jedoch gewaltig. In der Mobilität verbrauchen wir rund ein Drittel der weltweiten Energie. Das meiste davon in Verbrennungsmotoren mit einem Wirkungsgrad von 15% bis 20%. Elektrofahrzeuge nutzen die Energie um den Faktor drei bis vier mal besser aus. Wir müssen also längst nicht alle fossilen Energien durch Erneuerbare ersetzten, wenn wir effizientere Technologien einsetzen.

Energie – Reif für die erneuerbare Insel

Energiewende als Weg aus der Krise: In Griechenland gründen sich Energiegenossenschaften. Durch gemeinsames Wirtschaften erhoffen sie sich Unabhängigkeit und Wohlstand.

Quelle: klimaretter.info – Energie – Reif für die erneuerbare Insel – klimaretter.info

Weltenergieverbrauch

Letztes Update im März 2011 nach dem Atomunfall in Fukushima, Japan als Folge des Tsunami am 11.3.2011.
2010 2050 2100
nicht erneuerbare Ressourcen: Öl 32.1% 6.5% 0.4%
Gas 22.1% 25.3% 3.8%
Kohle 27.8% 27.4% 2.6%
Uran 5.0% 0.0% 0.0%
Summe 86.9% 65.2% 39.5%
erneuerbare Ressourcen: Solarthermik 0.2% 4.8% 6.4%
Elektrizität aus Wasserkraft 2.4% 3.1% 3.5%
Elektrizität aus Solarzellen 0.0% 11.6% 50.7%
Wind 0.3% 10.3% 18.5%
Biomasse 10.1% 10.0% 9.5%
Geothermie 0.1% 0.9% 3.4%
Wellen und Meeresströmung 0.0% 0.0% 1.4%
Summe 13.1% 40.8% 93.2%
Energieträger / Energiespeicher Wasserstoff
Silizium
Speicherseen
Biomasse
Dies ist meine persönliche Prognose der Anteile von verschiedenen Energieträgern. Auf die Zahlen komme ich durch eine Mischung aus Nachforschungen, eigenen Überlegungen und Berechnungen.
Natürlich hängt der tatsächliche Verlauf von sehr vielen Faktoren ab, die alle mehr oder weniger unsicher sind.

Prognosen zum Weltenergieverbrauch

Nach dem Atomunfall im Atomkraftwerk Fukushima in Japan, ausgelöst durch einen Tsunami am 11. März 2011, drängt sich eine neue Bewertung des zukünftigen Primärenergiebedarfes auf.

primaerenergie2011graf-300x201

Dabei gehe ich von folgenden Annahmen aus:

  • Der Atomausstieg erfolgt aus politischen Gründen weltweit rascher als bisher angenommen.
  • In den nächsten Jahren kann ein erheblicher Anteil der Primärenergie durch Effizienzsteigerung eingepart werden. Beim Strom sind das unter anderen Standby-Vorschriften, bessere Regelkonzepte von Energie und LED-Technologie bei der Beleuchtung. Die Stromproduktion verbraucht heute allerdings nur etwa ein Viertel der Primärenergie. Die grössten Einsparungen sind in der Mobilität zu erwarten. Der Verbrauch an Treibstoffen wird daher trotz zunehmender Mobilität dank breitem Einsatz von Elektro- und Hybridkonzepten ab 2020 abnehmen.
  • Die Windenergie wächst bereits heute rasant. Der Zubau übersteigt alle anderen Produktionsanlagen für Elektrizität erheblich.
  • StromproduktionWeltweitPrognosen2011-300x212Der Anteil der Solarzellen (Fotovoltaik) an der Stromproduktion ist heute trotz rasantem Wachstum marginal. Bei den Solarzellen gibt es aber keine natürliche Beschränkung wie bei Wind- und Wasser, wo unter anderem begrenzte Platzverhältnisse den Ausbau begrenzen. Allein die Wüsten der Erde könnten leich das 1000-fache dessen produzieren, was heute weltweit gebraucht wird. Die Schwierigkeit besteht darin, eine entsprechende Industrie genügend schnell aufzubauen. Die gegenwärtigen Wachstumsraten von bis zu 50% jährlich müssen über 20 Jahre lang aufrecht erhalten werden, um langsam einen wesentlichen Anteil an der Primärversorgung zu liefern.
  • Die Stromproduktion wird überproportional ansteigen, da die nichterneuerbaren Energieformen zum grössten Teil durch Strom ersetzt werden (Beispiel Elektroauto). Siehe Bild rechts. Die Primärquellen für den Strom sind aber durchwegs erneuerbar.
Weitere Annahmen Die Welt wird keinem grossen Ereignis wie Krieg oder Naturkatastrophen ausgesetzt.
Die Wirtschaftliche Entwicklung kann aufrechterhalten werden. Das Wachstum wird aber nur in den Schwellenländern (China, Indien) hoch bleiben. In der Geschichte gibt es selten lange Perioden einer stabilen Wirtschaft. Noch seltener sind lange Perioden anhaltenden Wachstums.
Die Weltbevölkerung nimmt von heute 6,5 Mia. bis 2050 auf 9 Mia. zu und bleibt dann im weiteren Verlauf ungefähr konstant. Es gibt verschiedene Szenarien ab 2050. Eine Stabilisierung bei 9 Mia. liegt etwa im Mittelfeld.
Erdöl und Erdgas werden spätestens ab 2015 dem raschen Ansteigen des Weltenergieverbrauchs nicht mehr folgen können. Deshalb wird Energie insgesamt sehr viel teurer und Alternativen aber auch Sparmassnahmen werden konkurrenzfähig. Eine weise Politik würde diese Entwicklung voraussehen und die Energie schon heute langsam aber massiv teurer machen. Damit wäre auch ein Polster vorhanden, um rasche Preisausschläge abzufedern.
Technische Voraussetzungen und Annahmen Wasserkraft: Vom wirtschaftlich nutzbaren Teil wird bis 2100 fast 100% ausgenutzt. Heute sind es erst 30%.
Wind: Wird bis 2100 erst 60% vom möglichen Potential ausgenutzt. Das ist mehr als 100 mal mehr als heute.
Biomasse: Allein die landwirtschaftlichen Abfälle machen ca. 8000 TWh/a aus. Unter Verwendung von Energiepflanzen (ohne Dünger) und Nutzung von Wäldern etc. sind 37’000 TWh/a realistisch. 83’000 TWh/a wären möglich und 680’000 TWh/a wachsen jährlich nach. Bei der Biomasse gibt es einen grossen Graubereich, der in Statistiken schlecht zu erfassen ist. Denn in vielen Ländern wird das Holz einfach gesammelt.
Solarthermie: Wird in unseren Breiten noch oft unterschätzt. Es wird schon heute 30 mal mehr Sonnenenergie auf diese Weise gewonnen, als in Form elektrischen Stroms aus Solarzellen. Dies liegt auch auf der Hand, denn diese Energie ist über 10 mal billiger als Solarstrom.
Geothermie: Wird an Bedeutung zunehmen. An geigneten Standorten (Italien, Island, etc.) wird das Potential vermehrt ausgeschöpft. In Island werden die Häuser nur noch zu 1.5% mit Öl beheizt. 87% ist Geothermie.
Veränderungen auf der Verbraucherseite bis 2100 Die Energiepreise werden ein Niveau erreichen, wo sparsamer Umgang und Investitionen in hohe Wirkungsgrade auch wirtschaftlich interessant sein werden. Der Wirkungsgrad von der Primärenergie bis zu Nutzenergie liegt heute weltweit unter 30%!
Das Potential ist also riesig.
Die USA werden ihren Prokopfbedarf auf 50% von heute reduzieren. Damit würden sie immer noch gleich viel brauchen wie die Europäer heute.
Europa wird den heutigen Verbrauch pro Kopf um 25% senken. Ohne Komforteinbusse, sondern durch intelligente Energienutzung.
China und Indien wird den ProKopfVerbrauch vervierfachen. Damit liegt er immer noch bei 65% des heutigen europäischen Verbrauchs. Die beiden Länder werden aber von Anfang an einen viel höhere Anteil an erneuerbaren Energieformen haben.

Bevölkerung und Lebensstandard

Stell dir vor, auf einem See verdoppeln sich jede Nacht die Anzahl der Seerosen. Zehn Nächte, bevor der See voll mit Seerosen ist, gibt es erst ein paar versprengte Blumen, die etwa ein Tausendstel des Sees bedecken. Fünf Nächte vorher sind es etwa 3 Prozent, kaum merklich mehr. Jetzt wächst der See immer schneller zu. Zwei Nächte vorher sind bereits 25 Prozent der Wasseroberfläche bedeckt. Wesentlich nun für das exponentielle Wachstum ist der Umstand, dass die zweite Hälfte des Sees erst in der letzten Nacht zuwächst. Das Entscheidende geschieht am Schluss, nicht in der langen Periode davor.

An diesem Punkt sind wir heute mit der Bevölkerungsentwicklung. Vier Millionen Jahre oder etwa 150‘000 Generation hat es gedauert, bis die Menschen die Zahl von einer Milliarde erreichten. Das war etwa 1830. Aber nur 130 Jahre später waren es bereits drei Milliarden und nochmals 35 Jahre später, im Jahr 2000, bereits sechs Milliarden.

Die gute Nachricht: Die Geburtenraten sind überall auf der Welt massiv gefallen, so dass die weitere Zunahme fast ausschliesslich darauf zurück zu führen ist, dass die nun mal geborenen alle auch noch 80 bis 90 Jahre alt werden wollen. Ist diese Phase abgeschlossen, stabilisiert sich die Bevölkerung auf rund 10 Milliarden.

In dieser Zeit müssen wir also für weitere drei Milliarden Menschen Ressourcen, Nahrung und Energie beschaffen.

Heute leben jedoch noch längst nicht alle Menschen auf einem akzeptablem Lebensstandard. Vereinfacht gesagt, leben zwei Mia. auf dem Niveau des Holzfeuers, drei Milliarden haben einfache Stromquellen etwa für Licht, etwa eine Milliarde kann sich zusätzlich eine Waschmaschine leisten und nur eine Milliarde lebt auf dem von uns gewohnten Niveau. Dazu verbrauchen wir Ressourcen, die sich gemäss den schwarzen Punkten in der Grafik aufteilen.
Bis 2050 kommen zwei weitere Milliarden dazu. Das ist zunächst aus Ressourcensicht nicht schlimm, da vor allem die ärmste Schicht der Menschen wächst. Doch alle wollen wenigstens eine Stufe aufsteigen. Wegen der nochmals starken Zunahme der Bevölkerung und dem gleichzeitig höheren Lebensstandard müsste sich der Ressourcenverbrauch fast verdoppeln.
Daher müssen die hochentwickelten Länder ihren Ressourcenbedarf deutlich effizienter gestalten und aus Neuen Erneuerbaren Energien beziehen. Das ist die einzige Chance. Selbstverständlich muss das Bevölkerungswachstum gestoppt werden. Das erste Mal seit vier Millionen Jahren. Am zuverlässigsten geschieht dies durch einen höheren Lebensstandard und Bildung der heute am schlechtesten gestellten Menschen.

Sehen Sie hier einen unterhaltsamen Videovortrag von Hans Rosling zu diesem Thema: